Ibera Nationalpark

Tag 12 - Die Fahrt ins Ibera-Gebiet

Der Ibera-Nationalpark ist nach dem Pantanal in Brasilien / Paraguay das größte Sumpfgebiet der Erde, so wurde es uns erklärt. Große Gebiete stehen unter Wasser, auf dem sich immer wieder kleine Inseln bilden und wieder verschwinden. Wie ein großer Teppich bewegen sie sich über das Wasser und bieten unzähligen Tieren ein Zuhause. Üppige Hyazinthen und Wasserlilien blühen in schönen Farben und verbergen Piranhas, Kaimane und andere Jäger. Wir sind hier, weil ich Capybaras/Wasserschweine sehen will, eine Anakonda aufspüren möchte und auch wegen der Kaimane, Sumpfhirsche und den anderen und natürlich dem großen Abenteuer. Auch für Vogelliebhaber ist es ein kleines Paradies. Nur ist es leider nicht so einfach, hier eine Übernachtung zu finden oder bezahlen zu können. Da gibt es den Ort im Süden, Colonia Carlos Pellegrini, dort gibt es einige bezahlbare Unterkünfte. Sie sind leider schwer zu erreichen. Die Straße dorthin ist oft nicht passierbar nach Regen. Man könnte auch mit einem Zubringershuttle sich dorthin bringen lassen von der Stadt Mercedes. Dann hätten wir noch eine Nacht mehr und einen weiteren Anfahrtsweg gehabt, das gefiel mir nicht so gut. Also suchte ich im Netz so lange, bis ich auf etwas Interessantes gestoßen bin. Vor einiger Zeit war ein Team von National Geographic im Ibera-Gebiet unterwegs, und sie haben über eine Estancia im Nordwesten geschrieben, die San Juan Poriahu. Da will ich hin, aber das im Netz zu finden und zu buchen, war nicht so einfach. Irgendwo fand ich aber die E-Mail-Adresse, und dann war es keine Idee mehr, sondern ein Plan. Nicht ganz billig ist es hier, pro Person ist man mit 120 $ pro Tag dabei. Allerdings mit 2 Ausfahrten und 3 Mahlzeiten, es ist das auf jeden Fall wert gewesen.

Die 470 Kilometer lange Fahrt zog sich ganz schön in die Länge. Unterwegs fuhren wir öfters in eine Polizeikontrolle. Das war aber kein Problem. Führerschein, Pass, woher und wohin wollen Sie? Schönen Tag noch. Von der Routa 12 zweigen wir ab auf die kleine 118 Richtung dem kleinen Ort Loreto. Nicht lange danach entdecken wir auf der linken Straßenseite ein kleines Schild mit der Aufschrift San Juan Poriahu. Wir öffnen ein kleines Gatter und fahren eher rumpelig auf einen Feldweg in Richtung Hacienda. Auf dem Weg sehen wir Rinder und die ersten Wasserschweine, oh, wie süß sind die denn.(67) (68)

Nach zwei weiteren Toren erscheint die Estancia, und wir haben es geschafft.(68a)(69)

 

Hier wird noch Rinderzucht betrieben, mit waschechten Gauchos und großen Rinderherden, die durch die Pampa streifen.

Kaum sind wir ausgestiegen, eilt schon eine füllige Frau mit einer Schürze auf uns zu, um uns zu begrüßen. Sie spricht nur Spanisch, und wir verstehen so viel, dass der Gastgeber im Moment nicht da ist, aber sie uns schon mal das Zimmer zeigt. Und ach ja, das Mittagessen ist dann auch gleich fertig. Das Gästehaus war ganz früher einmal eine Kirche und anschließend eine Unterkunft für Angestellte und nun eine Unterkunft für Gäste. Es gibt 2 große Gästezimmer mit einem Bad, und in der Mitte des Hauses befinden sich der Essbereich und ein gemütliches Wohnzimmer. Wir sind die einzigen Gäste, und unser Zimmer ist recht groß, mit 2 Betten, die eher an ein Lazarett als an eine Pension denken lassen. Nun ja, irgendwie wirkt alles noch sehr ursprünglich und alt, ist es jetzt noch Vintage oder schmuddelig und alt? Zumindest ist es kurios. Sabine kam auf die Idee, ach, ich räume meine Sachen in den Schrank. Was sie wirklich immer gerne tut, aber diesmal keine gute Idee war. Schwups, die Tür des Schrankes ist offen, und schon kamen unzählige fliegende Insekten raus, die sich mit großer Freude über ihre wiedergewonnene Freiheit in unserem gesamten Zimmer verteilten. Bah, das ist nun weniger schön. Schnell die Tür wieder zu, damit nicht noch mehr die Freiheit finden. Bevor wir noch andere Türen öffnen konnten, erklang eine kleine Glocke und läutete das Mittagessen ein. Das war recht simpel, aber soweit in Ordnung. Als wir beim Kaffee waren, tauchte der Besitzer auf, ein Kavalier der alten Schule, der sich als Carlos vorstellte. Bei einem Glas Rotwein, mittags um 15:00 Uhr, hieß er uns willkommen und erzählte uns in gutem Englisch vieles über seine Ranch und unseren Tagesablauf für die nächsten Tage. Um 16:00 Uhr, den Rotwein noch im Kopf, ging es dann mit einem Jeep zur ersten Ausfahrt los. Fast 3 Stunden fuhr er mit uns durch die Pampa, und sogar noch eine kleine Bootstour bei Sonnenuntergang wurde uns noch geboten.(70) (71)(72) (74) (73)

Zurück im Zimmer stellten wir fest, dass alle Insekten nicht mehr flogen, sondern tot auf dem Boden lagen. Auch schön. Wir stellten auch fest, es gibt nur kaltes Wasser zum Duschen. Was soll's, wir haben ja fast noch 30 Grad am Abend. Das Abendessen war dann etwas anstrengend. Hier merkten wir, dass der Besitzer immer alle Mahlzeiten mit uns einnahm. Was ja eigentlich toll ist und aufmerksam, aber für uns auch sehr anstrengend, weil er immer redete und das Gespräch suchte. Das kann schon auf Deutsch anstrengend sein, aber alles auf Englisch war doch etwas zu viel für uns. Als er beim vierten Glas Wein war und wir in Gedanken schon nicht mehr bei ihm waren, schreckte uns ein Satz auf. WHAAAT, was hat er gerade gesagt? Ob wir noch mit ihm in den Pool schwimmen wollen. Haha, ja unbedingt wollen wir das. Wir hätten uns totlachen können. Carlos, du alter Schwerenöter… Ganz freundlich, aber bestimmend lehnten wir das Angebot ab. Dieses Thema war dann ein für alle Mal vom Tisch, im Keim erstickt, sagt man wohl. Als wir später in unseren Krankenbetten lagen, so fühlten wir uns, lachten wir noch eine ganze Weile über das tolle Angebot.

Tag 13-15 - Abenteuer in der Pampa

Am nächsten Morgen schien die Sonne, und alles war vergessen. Auch an den nächsten Tagen kam so ein Thema nicht mehr auf. Dafür hatten wir erstaunliche Ausflüge in der Pampa.

Carlos fuhr mit uns zum Piranhaangeln – ja, richtig gelesen, PIRANHAS. Wobei Carlos noch einen drauflegte, nicht das Angeln ist das Highlight, nein, das wäre ja langweilig. Die gefangenen Piranhas dienten als Leckerbissen für die Kaimane. Gut, wer schon mal geangelt hat, ist da erstmal klar im Vorteil, die Betonung liegt auf erstmal. Also das geht so: Die Angel auswerfen, und dann beißt fast sofort ein Piranha an. Die Angel dann einholen, und ab jetzt wird es gruselig. Dann baumelt der Fisch mit den messerscharfen Zähnen so auf Augenhöhe vor einem herum. Nun muss man ihn nur noch vom Haken nehmen, an die scharfen Zähne darf man sich dabei nicht stören. Das alles muss aber flott gehen, denn der Kaiman hat Hunger und liegt fast schon neben einem. Also nicht lange grübeln, ab vom Haken und schwups, ab mit dem Fisch in Richtung Kaiman werfen. Bei Carlos sah das alles lässig aus, bei uns war es eher ein Experiment, bei dem wir unsere Finger am Ende noch hatten. (75) (76)

Das Abenteuer geht weiter: Am Nachmittag folgte gleich ein Spaziergang durch die Pampa. Nicht auf Wegen oder Pfaden oder irgendetwas, was nach einem Weg aussieht. Nein, frei nach Schnauze ging es durch das Gelände. Wir hatten ja unsere Wanderschuhe an, Carlos lief nur mit Espadrilles aus Stoff durch die Marsch. Sabine stellte auch gleich die Frage auf, die ich nur erwartet habe: GIBT ES HIER SCHLANGEN? Ach bitte, können wir das lassen? Was möchte man da wohl hören, in Argentinien in der Pampa? Ein "Nein, heute nicht" wäre eine hübsche Antwort, aber eher unglaubwürdig. Darum akzeptierte unser Gehirn die Antwort: Ja klar, viele, aber um diese Jahreszeit eher nicht. Meine Gedanken waren noch bei "viele", und da ging die Frage leider noch weiter: Ja, und wo sind sie denn jetzt um diese Zeit? Och, in den Büschen und unter Felsen und Steinen. Ach was, gut, dass es hier so wenige Büsche und Steine gibt. Wenn man vorher nicht darüber nachgedacht hat, nun schon. Wir grinsten uns ängstlich an, und das Kopfkino konnte beginnen. Als wir dann den Jeep wieder erreichten, waren wir heilfroh. (82) (81) (83) (84)

Das hört sich jetzt sicher komisch an, aber eine Anakonda würden wir schon gerne sehen. Von weiter weg oder so, das wäre klasse. Leider ist es um diese Jahreszeit zu warm. Meist sitzen sie tief in den Sümpfen und im Wasser. Der argentinische Winter wäre da besser. Och, schade. Aber er ist der vollendete Gastgeber. An einem Tag gehen wir auf Anakondasuche, mit dem Boot durch die Sümpfe. Da hatten wir auch gleich wieder etwas zu lachen. Carlos brachte einen seiner Angestellten mit, und zu viert ging es über den See. Einige Male ging es nicht weiter, weil uns die kleinen Pflanzeninseln den Weg versperrten. Dann zogen sich beide bis auf die Unterhosen aus (wir dachten dabei an Hundewelpen), gingen ins Wasser, zogen und hoben sich durch die Inseln bis ins freie Wasser. Uns war das schon etwas unangenehm, aber auch irgendwie schräg. Eine Anakonda sahen wir bei all der Mühe nicht.

Die Tage vergingen schnell, kein Wunder, waren sie doch ausgefüllt mit so vielen Erlebnissen. Vormittags immer eine lange Tour mit Abenteuern durch die Pampa. Mittags erholsame Stunden am Pool, der ein Segen war an diesen heißen Tagen. Zum Nachmittag hin saßen wir bei Kaffee und Kuchen auf der hinteren Veranda im Schatten und schauten den Gauchos beim Pferde einfangen zu. War das nur eine Show für uns? Uns wurde gezeigt, wie die Rinder ihre Brandzeichen bekamen und anschließend wieder auf die endlosen Pampaweiden verschwanden. Jetzt sind wir schon fast selbst kleine Gauchos (: Am Nachmittag gab es immer noch eine Tour für uns, die bis zum Sonnenuntergang ging.(77) (78) (79) (80)

Wir haben hier sehr viel gesehen, die Ausflüge waren exklusiv nur für uns, und Carlos hat das wirklich toll gemacht. Heute weiß ich nicht, ob er noch die Estancia hat und ob er noch Gäste aufnimmt. Ich würde auf jeden Fall wieder dorthin fahren. Auch wenn die Zimmer und das Essen besser hätten sein können, war es absolut authentisch und spannend. Jeder Tag ein Abenteuer. Und wo das jetzt mit dem Pool geklärt ist...

Zeit um Adiós und muchas gracias por todos zu sagen.